Bundesverdienstkreuz

Ulla Feldhaus freut sich über die Glückwünsche

Ex- Bürgermeisterin hat den Verdienstorden der Bundesrepublik erhalten. Sie betont: Nur durch Teamarbeit ist Engagement möglich.

Von Susanne Koch

Vor ein paar Wochen rieb sie sich verwundert die Augen, als Post aus der Staatskanzlei im Briefkasten lag. Damit, dass sieden Verdienstorden der Bundesrepublik am Bande erhalten soll, hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Am Mittwoch hat sie den Orden gemeinsam mit 15 anderen im K 21 in Düsseldorf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft überreicht bekommen. „Die Atmosphäre war offen und herzlich“, erzählt Ulla Feldhaus, die in Solingen auch zehn Jahre lang als Bürgermeisterin wirkte.

Der Tag nach dem schönen Ereignis: Während ihr Enkel Charles im Garten spielt und die Blumen mit einer Wasserpistole „beschießt“, freut sie sich über die vielen Glückwünsche. „Ich habe so viele Mails bekommen und Anrufe, es reißt gar nicht ab“, sagt sie. „Mir ist aber ganz wichtig, zu betonen, dass das Engagement für bedürftige Menschen in Solingen, für Frauen und Familien nur durch den zuverlässigen Einsatz von vielen Aktiven Früchte trägt.“ Sie sei überglücklich, dass sich in Solingen ganz viele gesellschaftlich engagieren und tatkräftig zupacken.

So wie sie es seit jeher vorlebt. Sie packt an, sagte Kraft in ihrer Laudatio: „Das für das Wirken von Ulla Feldhaus passende Zitat stammt von keinem Geringeren als John F. Kennedy: ,Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden’“.

Entspannung findet sie seit 30 Jahren beim Laufen

Jetzt, kurz vor der Sommerpause, in der sie zuerst mit ihrem Mann Dieter und ihrem Enkel nach Texel fährt und anschließend mit ihrem Mann durch die Lüneburger Heide radelt, will sie noch einen potenziellen Festredner für das zehnjährige Bestehen des Vereins „Tischlein deck Dich“ anschreiben. „Nie im Leben hätten wir gedacht, dass der Verein so lange besteht“, sagt die 69-Jährige. „Deshalb feiern wir das Bestehen im kommenden Jahr auch mit einem weinenden und einem lachenden Auge.“ Traurig sei, dass nicht automatisch jedes Kind im Ganztag ein Mittagessen bekommt, unabhängig vom Portemonnaie der Eltern.

Beruflich, politisch und ehrenamtlich gilt und galt ihr Einsatz immer den Menschen. Ihren Mann lernte sie bei den Jusos kennen, der SPD trat sie mit 18 Jahren bei. Als ausgebildete Heilpädagogin arbeitete sie als Fachlehrerin an der Pestalozzischule, einer Förderschule für Lernbehinderte. „Die Arbeit habe ich sehr gerne gemacht“, erinnert sie sich. „Heute treffe ich mich einmal in der Woche mit einem Kind in der Grundschule Westersburg, um das Lesen zu fördern und gemeinsam mit Carola Erbslöh und Petra Hinkel betreue ich auch einmal die Woche eine Flüchtlingskindergruppe an der Grundschule Scheidter Straße.“ Dass ihr Enkel Charles zweimal die Woche die Großeltern besucht, erwähnt Ulla Feldhaus nur nebenbei.

Trotz allem ehrenamtlichen Einsatz in den von ihr mitgegründeten Vereinen sind ihr Freundschaften und gepflegte Nachbarschaft sehr wichtig. „Heute noch treffe ich mich mit einer Gruppe Frauen aus der Kinderladenzeit“, erzählt sie. „Wir gehen gemeinsam wandern.

Die Elterninitiative Kinderladen hat sie 1972 mitgegründet. „Uns war es wichtig, dass Jana und Gero mit großem Freiraum und möglichst selbstbestimmt aufwachsen können.“ Ihre Grundsätze konnte sie gleich in die Konzeption der Einrichtung einfließen lassen. Hannelore Kraft anerkennend: „Auf Erfahrungen konnte man damals noch nicht zurückgreifen – nein, man musste sie erst selber machen! Entsprechend schwierig gestalteten sich darum die Verhandlungen mit Genehmigungsbehörden und Zuschussgebern.“ Ulla Feldhaus sagt, sie habe bei den Verhandlungen mit der Stadt und dem Landschaftsverband vieles gelernt, „was mir später als Ratsfrau für Soziales und Schulpolitik zugute kam und auch heute noch in der Vereinsarbeit.“

VERDIENSTKREUZ

EHRUNG Das Bundesverdienstkreuz erhielt Ulla Feldhaus unter anderem für ihr Engagement als Mitgründerin des Kinderladens an der Dorper Straße, als Mitgründerin des Vereins Hexenkessel, als Gründerin von „Tischlein deck Dich“ sowie als Vorstandsmitglied bei Pro Familie und im Deutschen Roten Kreuz.

Ulla Feldhaus entspannt sich beim Lesen, „gerne auch von Geschichtsbüchern“. Und sie verabredet sich drei Mal die Woche mit einer Nachbarin zum Laufen. 2011 hat sie ein Buch über die Sozialpolitikerin Tilde Klose veröffentlicht, das nächste Buch-Projekt bereitet sie vor.

Solinger Tageblatt

.24.06.2016

Foto: Christian Beier

Auszeichnung

Ulla Feldhaus erhält das Verdienstkreuz am Bande

Solingen. Für ihre vielfältigen Verdienste zeichnete NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Rahmen einer Feierstunde in Düsseldorf Ulla Feldhaus mit dem Verdienstkreuz am Bande aus. Damit wurde auch ihre jahrzehntelange Arbeit gewürdigt.

Denn Ulla Feldhaus packt an. Das beginnt schon 1972, als sie mit weiteren Eltern in Solingen auf eine "selbstbestimmte Erziehung" ihrer Kinder setzt. Gemeinsam wollte die Gruppe einen selbstverwalteten Kindergarten für ihre Kinder eröffnen und gründete den Verein "Elterninitiative Kinderladen Solingen". Auf Erfahrungen konnte man damals noch nicht zurückgreifen, heißt es in der Laudatio, man musste sie erst selber machen. Entsprechend schwierig gestalteten sich darum die Verhandlungen mit Genehmigungsbehörden und Zuschussgebern.

Als Vorstandsmitglied und Pädagogin arbeitete Ulla Feldhaus das pädagogische Konzept aus, das sich an gesetzlichen Vorgaben ebenso wie an den Wünschen der Elternschaft orientieren musste. Die Mühen waren nicht vergeblich: Zwei Jahre später, 1974, nahm der "Kinderladen" den Betrieb auf. Er existiert bis heute und ist Vorbild für andere selbstverwaltete Einrichtungen.

Aber nicht nur als Pionierin bei der Kindererziehung kann man darauf zählen, dass Ulla Feldhaus anpackt. Sie engagiert sich seit Jahrzehnten auf zahlreichen weiteren Themenfeldern. Ende der 1990er Jahre wurde auf ihre Initiative hin der Förderverein "Hexenkessel" gegründet. Dort bekommen Frauen unbürokratisch Hilfe, deren Leben sich im Umbruch befindet oder die in eine Notlage geraten sind. Seit Beginn gehört Ulla Feldhaus zu den "Vorstandshexen", die bis heute den Verein mit kreativen Ideen bereichern.

Und sicher hätte sich Ulla Feldhaus auch als Kommunalpolitikerin manches Mal gewünscht, "hexen" zu können. Aber so wie in ihrem Beruf als Lehrerin muss man auch in der Kommunalpolitik viel Geduld und einen langen Atem haben, um erfolgreich sein zu können. Leider ohne Zauberstab. Aber auch ohne Zauberstab war und ist Ulla Feldhaus erfolgreich: Seit 1967 Mitglied der SPD, gehörte Ulla Feldhaus von 1989 bis 2009 der Ratsfraktion ihrer Partei im Rat der Stadt Solingen an; von 1999 bis 2009 war sie ehrenamtliche Bürgermeisterin.

Benachteiligte Kinder- und Jugendliche stehen für Ulla Feldhaus immer wieder im Fokus ihres Engagements. So auch als Vorstandsmitglied bei ProFamilia Solingen. Hier setzt sie sich seit vielen Jahren dafür ein, dass vor allem Mädchen und Jungen aus Förderschulen mit frühzeitiger Aufklärung ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird. Auch mit der Gründung des Vereins "Tischlein-deck-dich Solingen" sollen in erster Linie Kinder unterstützt werden, die sich im offenen Ganztagsunterricht keine warme Mahlzeit leisten können. Seit Beginn ist Ulla Feldhaus Vereinsvorsitzende. Die Zahl der Kinder stieg bei diesem Projekt von etwa 120 zu Beginn auf zwischenzeitlich über 1000 an.

Viele weitere Verdienste zeichnen Ulla Feldhaus aus: Von 2002 bis 2013 war sie stellvertretende Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Solingen, seit 2011 ist sie "Mentorin und Leselernhelferin".

Auch in der Erinnerungsarbeit ist Ulla Feldhaus engagiert. Sie schrieb eine Biografie über die Solinger Gewerkschafterin und Widerstandskämpferin Tilde Klose, die von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Das Buch über die tapfere Frau erschien 2011. Ulla Feldhaus wollte mit der Erinnerung an dieses Schicksal über Solingen hinaus ein Zeichen für Zivilcourage und selbstlosen Einsatz setzen.

Quelle: RP

 

Rheinische Post

.24.06.2016